Wir schreiben das Jahr 1991 und ich habe gerade meine Ausbildung zum Kaufmann für Bürokommunikation begonnen. Meine Ausbildung habe ich in einem Teppichhaus absolviert wobei ich das Glück hatte, dass mein Chef mir schräg gegenüber saß

Dies gab mir die Möglichkeit, meinem Chef beim bearbeiten des Tagesgeschehens zu beobachten. Dabei stellte sich heraus, dass er jeden Tag einer festen Routine folgte. 
Er las immer die aktuellen Währungskurse, beobachtete das allgemeine Börsengeschehen und ging jeden Tag zur Bank. Er telefonierte und gab immer Anweisungen an einen Bankberater, die ich zu dieser Zeit noch nicht einordnen konnte.
Eines Tages entschloss ich mich dazu meinen Chef direkt anzusprechen und ihn zu fragen, was es mit diesen Anweisungen auf sich hat. Zuerst schaute mich mein Chef etwas verwirrt an, doch dann sagte er zu mir:
“Du interessierst dich für die Börse?“

In diesem Moment realisierte ich noch  nicht, dass ich mit der Beantwortung dieser Frage einen Meilenstein in meiner Berufung gelegt hatte. 

Da mich seine Anweisungen wirklich interessierten, antwortete ich mit: „Ja!“

Daraufhin gab mir mein Chef einen Zettel, auf dem einige Zahlen geschrieben waren. Bei genauem hinsehen erkannte ich, das es sich um ein paar Währungskurse handelte und daneben standen dann die beiden Wörter: Ankauf und Verkauf! Mein Chef sagte, dass ich im folgen solle und so gingen wir gemeinsam rüber auf die andere Straßenseite zur Bank.

Wir blieben vor einer riesigen Tafel stehen, auf der nur Zahlen standen. Die ganze Tafel war in Bewegung. Ständig änderten sich die Zahlen und blinkten unterschiedlich auf. Mein Chef gab mir einen Zettel und ich notierte daraufhin die Zahlen (Wechselkurse) in die einzelnen vorgefertigten Spalten.

Als wir wieder im Büro waren, zeigte er mir, wie er die Zahlen nutze. Er schaute auf den Zettel vom Vortag und sagte zu mir: “Schau mal hier kannst Du sehen, dass der USD Kurs um 30 Pip´s gestiegen ist und dies ist jetzt schon eine Woche lang so. Also, ist dies eine Indiz dafür, dass der USD Kurs vielleicht noch weiter steigen könnte.“ Er nahm den Telefonhörer in die Hand und wählte am Telefon die Nummer der Bank. Eigentlich war es nur eine Taste die er drücken musste, denn die Telefonnummer der Bank war schon vorgespeichert. Ein Herr Schulz von der Devisenabteilung meldete sich und mein Chef gab seinen Namen und ein Codewort, sowie seine Kontonummer an und kaufte anschließend für 50.000,- DM Kontrakte auf den steigenden USD. Von da an ging ich jeden Morgen gegen kurz nach 9:00 Uhr  zur Bank um den neuen USD Kurs für meinen Chef zu notieren.

Zur Zeit meiner Ausbildung gab es noch nicht die Informationsangebote wie heute. Den Kurs bekam man vom Vortag mit der Zeitung. Benötigte man eine Auskunft über den aktuellen Kursverlauf, musste man zur Bank gehen. Diese öffnete jedoch erst um 9:00h morgens. Schon bei meinem zweiten Besuch bei der Bank fiel mir auf, dass der Kurs wieder ca. 40 Pip´s höher stand als am Tag zuvor. Dementsprechend hatte mein Chef einen Gewinn gemacht! Dies war für mich der Punkt, an dem mein Interesse für dieses Geschäft geweckt war. Es prägte sich in mein Gehirn ein! Selbstverständlich stand für mich die Prüfung und der damit verbundene Abschluss meiner Ausbildung an erster Stelle. Ebenfalls benötigte ich auch ein gutes Grundkapital, um an der Börse handeln zu können. Natürlich hat mein Chef nicht immer nur Gewinne gemacht oder auch nicht immer mit seinem Kauf oder Verkauf der Währungen richtig gelegen. Er hat auch mal den Telefonhörer so fest auf die Station geknallt, dass dieser in tausend Teile zersprang. Aber, mein Chef hat mit dem Handel am Devisenmarkt damals schon richtig viel Geld verdient und ich habe das niemals vergessen.